Generationen

Meine Gedanken wirbeln, wie rosa Blüten im kalten Frühling auf den Gehwegen umher.
In der Tiefe lauert der Leviathan, in den Höhen sichert Nut den Himmel ab.
Wenn ich meine Leute sammele und in den Frieden ziehe. Hippie-eske Vorstellung. Stell dir vor, John Lennon wurde erschossen.
Und ich bin und sammele Taten. Wie ein Baum stehe ich da, wurzelnd in der Nacht, feiernd bis zu den Sternen. Das Leben passiert im Vorbei-gehen.
Die Nächte, in denen ich Krater auf Mond und Sonne sehe.
Um mich schlagen Flügel. Die Lederhaut bemoost und leicht.
Im Herzen trage ich Kinder der nächsten Zeit. Generationen davon.
Helfende Hände meiner Suche nach festem Schuhwerk für die folgenden Wanderungen.
In meinen Händen lauern Geschichten.
Um mich die tagenden Betagten und die schlummernden Held*innen eigener Sagen.
Das Leben will geschmiedet werden aus Blütenblättern und Treibholz. Wozu?
Sag an, bist du es; schenkst du mir einfach so mein Herz?
Sag an, du bist es, der unser Leben versüßt.
Ich sage mir, das Leben will keine Eroberungen.
Das Leben will einen Tag, eine Nacht, ein Jahr, ein Jahrhundert. Eintausend Jahre: Frieden. Und das ist das Mindeste.


Johanna Blau, 20. April 2024


Saharastaub

Verbrannte Erde in der Luft.
Vergangene Taten fliehen übers Meer.
Werfen ihre trocknen Tränen über alles.
Roter Staub legt sich vor die Sonne.

Alles ist anders.

Gräulich säht mein Kopf Gedanken.
Ich sehe rückwärts; schaudernd.
Und die Magie schraubt sich in die Höhe.
Neonlicht, Fluchtlicht, zeigt mir wohin ich will.

Johanna Blau
April 2024

Wenn ich Erde und Mond in meine Träume lenke

So seufzt dein Auge mir entgegen.
Zuerst erspart mein Leid mir Mitgefühl.
Dann will ich dir ergeben meine Stimme sanft erheben.
Doch bleibt dein Herz gebrochen, fast wie ein Fossil.

In meiner Mitte fehlt die Spur.
Und ohne dich baumle ich herum ganz eingewoben.
Die Spinne des Schicksals will meinen Schwur.
Ich soll mein Glück für mich allein erproben.

Die „Macht des für sich Seins“ soll ich erkunden,
Die in so vielen meiner Stunden bebt.
Für wen habe ich sie einstmals denn erfunden,
Wenn meine Seele einsam neben allen anderen Menschen schwebt?

Wenn ich jetzt und hier deinen Namen denke,
Sind Raum und Zeit reine Illusionen.
Wenn ich Erde und Mond in meine Träume lenke,
Wirken spannungsvolle Kräfte, die auch uns innewohnen.

Die Gischt der Wellen zeigt die Kraft des Mondes.
Er zieht am Meer, an Kronen und am Stein.
Die Erde gibt sich hin, sterblich wie alles.
Materie ist Energie gepresst ins Sein.

Was uns wachsen macht, sind zwischenmenschliche Bindungen.
Die Liebe kommt und geht, wie die Gezeiten.
Im Fluss folgt jeder Tropfen des Bettes Windungen.
Wasser ist Wandel, auch für die die bleiben.

Meine Macht ist Liebe; sieh mich Bäume pflanzen.
In jedem Sprössling wächst der Welten raue Kraft.
Ihr Tagwerk ist das Geben: Blätter, die im Winde tanzen.
Und das Nehmen gehört vollständig der Nacht.

Johanna Blau, Januar 2024

Ich schenke dir ein Licht

Ich schenke dir ein Licht,
Gegen die, die dich fressen wollen mit Haut und Haar, gegen die , die dir Schlechtes wollen. Gegen die, die dich übervorteilen und ausnutzen wollen, bis nichts mehr bleibt, was für sie nützlich ist. Gegen die, die dir erzählen, dass du so wie du bist, nicht okay bist.

Ich schenke dir ein Licht:
Du bist okay. Du bist wertvoll. Und du bist wichtig, nicht nur für mich.
Du zählst. Deine Meinung, deine Worte, dein Wille, das alles zählt, nicht nur für mich.
Du bist nicht abhängig davon, was andere über dich denken, und von dir erzählen. Du bist, wer du bist und das ist gut so.

Wenn du dich nicht mehr findest, zurechtfindest, wenn du nicht mehr zurechtkommst:
Schalt das Licht an und schau dich um.
Wer wird geblendet? Wer versucht, das Licht zu löschen? Wer wärmt sich daran? Und wer fragt dich, wie er oder sie helfen kann, dass es nicht wieder ausgeht.
Wer hilft dir, das Licht hell erstrahlen zu lassen?

Johanna Blau, 19.01.2024

Der Hurrican

Im Auge des Sturmes stehen wir beide, in inniger Umarmung. Wir küssen uns. Wir lieben uns. Wir erzählen uns alles.

Eines Tages gehe ich ein Stück zurück, weg von dir. Ich spüre einen Lufthauch, dann stärkeren Wind. Ich rufe dich und will wieder zu dir zurück, in die warme Zone an deiner Brust.
Du schaust mich an und gehst einen Schritt zurück.

Der Sturm umtost mich. Kleine Steine treffen meinen Körper. Kleine Äste durchbohren meine Haut.
Ich rufe dich lauter, du schaust mich an und gehst einen Schritt zurück.

Um mich zerfetztes Papier, wie alte Erinnerungen. Ich werde durchlöchert von Ästen und von fliegenden spitzen Steinen gepeinigt. Ich schreie vor Schmerz. Du schaust mich an, drehst dich um und gehst.

Der Hurrikan bist du.
Johanna Blau, 28.12.2023

Morgenröte in scheelen Landen

Hart an der Grenze, bremst mein heiliger Wagen.
Ich kann nicht sagen, ob das reicht für heute.
Wer von mir weicht, wer mich erreicht,
Mit Worten oder Taten:
Der*die erbleicht oder errötet vielleicht.
Hingerotzt meine Antwort;
Auf Pein oder Argwohn oder Kummer.
Rede mit Mir!

Der Wirbelsturm, der mein Rückgrat brechen wird,
Ist hoffentlich noch nicht geboren.
Ungesühnt die hybriden Stunden.
Völlerei statt Verlangen.
Keime im Guten wie im Schlechten.
Ich sehe nach dem Rechten und erstarre,
Solange ich auf „Freeze“ geschaltet bin,
Verwalte ich mein Leben, wie ein Uhrwerk.

Überlebensmodus.
Und ja, ich will Leben.
Es geht los!

JB-11-2023

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