Ich will meine Stimme hören lassen
Nicht in Raten damit zahlen
Cash auf die Kralle sollt ihr kriegen
100K and more, zahle ich Finderlohn
Für mich als Ganzes, in einer Welt der Selektion.
Ich will meine Stimme feiern,
Wenn ich mich plötzlich nicht mehr winde
In grauen Endlos-Schleifen, die ich mir sonst selbst auf die Nase binde.
Verwinde ich jetzt, die Gedanken der anderen, die ich nicht lenken kann.
Mann, wer bin ich, dass ich lachen werde
über die Pferde, die noch mit mir durchgehen?
über Ignoranzen und Ismen, die mich gestern noch kriegten.
Kopfkino, wenn ich euch betrachte.
Ich will das Leben tanzen, wie es mir auf die Füße fällt.
Reisen in eure Welt, mir ein Bild machen, von dem was euch gefällt.
Und darüber ins Handeln kommen.
Schreibend alles umkleiden mit Glitzer
Zeichnend, die Struktur erfassen meiner Lüste.
Wüste, Küste, Wald erkunden, einkreisend umrunden.
Im Fahren ankommen, erfahren mit gesund geleckten Wunden.
„Hedonism“ singen auf queeren Partys,
In sicheren Räumen, mit Leuten Utopien verhandeln und erträumen.
Liebe schreiben auf Körper, die nicht mehr durch Abstand quälen
Und in Seelen, die mir zugewandt von sich erzählen.
Ich will mich feiern, wie ich Träume lebe.
Ich will mich gießen in eine von mir erdachte Form.
Und vor euch stehen glitzernd, strahlend,
ein Einhorn, unter vielen.
Johanna Blau
Meine Texte sollten Spiegel für mich sein, in die ich gern schaue. In letzter Zeit, hatten meine Spiegel Sprünge oder waren teilweise blind. Was mich angeht, hat etwas Wichtiges gefehlt. Bin ich ehrlich zu mir und in dem, was ich schreibe? Nicht mehr wirklich, war ich es je? Ja, soweit ich mir Dinge bewusst gemacht habe, und diese auch zum Anlass genommen habe, zu schreiben, war ich ehrlich. Aber nun vermeide ich ein Thema, was mir gerade essenziell wichtig ist: Einen Teil meiner Identität. Ich bin in Vielem uneins mit mir; was ich weiß, ist: Ich bin bi.
Gerade lese ich, wie vielleicht viele andere auch Julia Shaws Buch „Bi“ und bin erstaunt, entsetzt aber auch oft glücklich über die Fakten, die dieses Buch bereithält. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe ging mir meist ab. Egal ob Musikstil oder Hobby oder auch sexuelle Orientierung, ich fühlte mich nie, als würde ich genau passen, als wäre ich irgendwo zu Hause oder auch willkommen. Natürlich habe ich Orte, an denen ich mich wohlfühle, aber so richtig zu Hause fühle ich mich unter anderen Leuten nur sehr selten. Das hat mit Grübeln zu tun und mit Unsicherheiten, vielleicht auch einfach damit, dass ich mir selbst gegenüber lange nicht ehrlich war.
Vor ein paar Jahren habe ich mit Freund*innen darüber gesprochen, dass ich mich in Menschen verliebe, nicht in Körper. In einer Facebook Gruppe postete ich einmal „Pan und demi in der Pandemie.“ Das sind alles Schlagworte, die tiefer führen zu Sätzen, die für mich noch nicht ansatzweise alle mit Ausrufezeichen oder Punkt enden. Da gibt es viele Fragezeichen. Wie gestaltet sich eine Partnerschaft, in der ich mich wohlfühle? Mit wem kann ich mich gut austauschen über Unsicherheiten und Fragen? Wo kann ich am besten Feiern und mit wem?
Der Käfig, in den ich mich lange selbst gesperrt habe, steht offen und ich habe Bedenken, ihn zu verlassen. Ein Schritt in diese Richtung, ist dieser Text. Ich schreibe ihn, nach einem Stimmungstief oder noch in einem Tief. Ich bin erkältet, und ich gerade wieder klar genug im Denken, dass ich Sätze formulieren kann.
Ich will mich feiern, wie ich bin. Ich will tanzen und lieben und froh sein. Ich habe ein Recht darauf, wie alle anderen. Es bricht mir, dass Herz, wenn Menschen dafür verfolgt werden, dass sie lieben. Wir alle wünschen uns Liebe in unserem Leben. Den Weg der Angst und des Hasses zu gehen, um da hinzugelangen, ist absurd und für so viele Menschen tödlich.
Gerade habe ich das Gefühl mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Wer bin ich, dass ich für andere sprechen kann. Aber ich will zu einem Gegenüber sprechen. Zu dir. Zu Ihnen. Zu euch. Das hat sich geändert. Darum wohl auch dieser Text. Wenn ich frei sein will, muss ich mich befreien vom Tabu, von der Selbststigmatisierung, von allen Blicken, die mich zurück in den Schrank schicken wollen.
Ich habe Vorbilder und ich werde weiterlesen, mich inspirieren lassen, sei es vom Blutbuch oder durch Essays von Ursula K. Le Guin, Toni Morrison, Margret Atwood, bell hooks, und so vielen weiteren. Diese schmerzlich schöne Reise beginne ich hier: Sitzend an meinem Schreibgerät mit einem verschmitztem Lächeln im Gesicht. Ich bin, wer ich bin; wer bin ich? In diesem Leben gibt es so viel noch zu entdecken, manche Türen stehen speerangelweit offen, andere warten darauf, herzlich eingetreten zu werden. Lasst uns das zusammen tun, lasst uns feiern und kämpfen, bis alle, aber auch alle Türen Allen offenstehen.
Das Licht taut und darunter schwimmen die kalten Knochen im Malstrom. Ich beobachte das Bild und schaudere.
Ich flüchte in Traumwelten: in Biedermeier-Scheuersamstage und Klemptner*innen-Einsätze, zu den Flackernden Lichtern der Bildschirme: Playsi, Streaming oder Neurofeedback; egal: nur keine Nachrichten.
Auf Arbeit alltägliche Horrorgeschichten und Empowerment auf persönlicher Ebene. Nachweislich professionell nah, dokumentieren nicht vergessen.
Ich will keinen Krieg. In meiner Watchlist: 1917. Ich will Frieden. Und ich lese das „Tagebuch eines Zwangsarbeiters“ von Jan Bazuin. So viele Zeug*innen tot, das Papier redet an ihrer Stelle und das Unvorstellbare zementiert eine Anstalt in meinen Kopf, zu der ich immer noch gedanklich fliehe. Die Exkursion nach Pirna-Sonnenstein steht im Kalender. Was erwartet neurodiverse Menschen in der neuesten Dystopie?
Ich holpere durch die Straßen auf dem Rad, auf dem Weg zur nächsten überraschten Begegnung und rufe in Gesprächen „Nicht Spoilern!“.
Das Wort ist Gebrechen, der Satz ein Stock, auf den ich mich stütze. Der Punkt, die Gedankenpause. Verheddert bin ich, mit mehreren Wirklichkeiten umwickelt. Zwei waren doch genug! Es reiht sich in die Furcht, die Verwirrung: wie das auseinanderhalten, was zusammengehört? Wenn doch alles in mir ruft: „Zuviel, ich ertrage es nicht. Dieses Leiden und den Tod und die entsetzliche Macht so weniger Menschen über so viele.“
Dabei bin ich nicht krank und nicht gesund. Dabei bin ich nicht auf der Flucht und nicht daheim. Dabei bin ich nicht verzweifelt und auch nicht glücklich. Zwischenstand: ich bin am Leben. Ich bin (noch) in Sicherheit. Ich bin dabei zu heilen, wie lange noch? Gib mir mehr Zeit, ich will wissen, wie es ist, mit gesundem Selbstbewusstsein zu l(i)eben.
Das Leben will gelebt werden. Und werde ich mutiger, ehrlicher, ich fange wieder an zu schreiben. Für mich und andere. Das Leben will gelebt werden. In meinen Kleinen Kreisen verbirgt sich das nicht möglich Erscheinende: Hoffnung.
Der Malstrom wird dann zwischenzeitlich wieder zugedeckt von Licht. Und ohne Biedermeierernst stromere ich durch die Parks der Stadt. Höre anderen Menschen zu, die andere Sprachen sprechen, die ich (noch) nicht verstehe.
Wie schön wäre es, wenn überall friedlich sich begegnen und umarmen die, die das Weltall mit Super-Teleskopen erfassen und begreifen mit Blick zurück auf den Planeten, der uns gebar. Tief blicken wir heute in die Tiefen der Zeit. Wir sehen Augen und Fledermäuse da, wo Muster aus Materie sich verstricken. Ist der Glaube unser Ziel, oder zu wissen? Und ist es möglich, dieses Wissen auf Dauer oder bis zum Ende zu ertragen: Es hätte nicht so kommen müssen, es hätte schön sein können für alle: Pflanzen, Tiere, Menschen.
JB-07-2022
Foto: Selbstportrait Autorin, Rollschuhbahn am Silbersee, Juli 2022
Bunt, spiralig aufsteigend, wie Rauch umschwebt ein Begriff meinen Körper. Ich versuche ihn zu greifen, er verströmt sich weiter. Er tanzt um mich, neckt mich, verschwindet in einer Lampe, die keine Wünsche erfüllt, jedenfalls nicht meine. Ich entdecke, wer ich bin, nicht wer ich sein möchte.
Das rauchige Wort ist Bedingung, keine Bedienungsanleitung, ein Leitfaden, vielleicht, oder Nichts.
Mein Leben spielt die größte Rolle, nicht mein Körper. Ich bin was ich tue, was ich fühle, was ich träume. Das Rollenspiel gehört ernst genommen. So viele Rollen, die verzaubern und ent-setzen.
Das Wort: Sie. Ich drehe und wende es, ich spiegele es. Ich verbrenne es. Der Rauch, der aufsteigt, nimmt meine Gedanken mit.
„Na dann los, schreib“, sagt sie zu mir Und hüpft in meinen Gedanken herum, Freut sich, wie das Innere Kind, Welches sie auch ist.
Lilith, Prinzessin vom Planeten Lilith, Wir beide, verbunden durch eine Konjunktion, Die mehrere Dimensionen übergreift. Aufgebrochene Ferne eben auch durch Fixierung und Isolation. Und was mache ich damit, außer ihre Gedanken zu lesen, Vielleicht schon 10.000 Jahre alte Gedanken. Wir unterhalten uns über Zeit und Raum hinweg. Leuchten die Wege aus, sie als meine Stimme, ich als ihr Gefäß.
Wenn da kein Leidensdruck ist, warum sollte es krank sein, ihr zu lauschen? Schutzgeist, Magdalena, Lily, du Liebe. Manchmal Gewissen, manchmal Mahnende. Oft einfach Gefährtin. Wenn Stolz mich aufs Podest hebt, schubst sie mich humorvoll zurück auf die Wiese. Dahin zwischen Gänseblümchen und Hundekot. Wie das Leben sich bewegt. Unser innerer Dialog. Setzt sich fort. Tanzt in meinem Kopf zu unbesungener Musik, welche mich erhebt, berauscht und unsichtbar umschwemmt. „Das ist schön,“ sagt sie und erlaubt mir sanft, es aufzuschreiben. Kein Zwang mehr. Der kam von außen. Innen ist Frieden.