Der Rote Faden heißt Patriarchat

Grandios scheitern an der Zeit, in meinem Hexenkleid, versuche ich weit, weit hinauszuschwimmen. Stemme mich gegen den Strom der Zeit, der Moral, der Wende in die falsche Richtung. Backlash. Zombies ziehen mich hinab in die Welt aus Hass und Angst. Angst vor allem, was nicht schon „immer so war“.

Ich weiß jedoch: Alles ist Wandel. Sprache verändert sich und das ist gut so. Sprache als Abbild der Gesellschaft zeigt den Kampf der Menschen um die Hoheit über das, was wir verhandeln. Und wenn da alle Menschen miteinbezogen werden sollen, was ist daran so schlimm? Okay, die binäre Welt ist gefährdet, aber was hat uns diese gebracht außer starre Rollenbilder, Kampf, Gewalt, Krieg, Leid und Tod. Ich weiß, es ist schwer, sich etwas Besseres vorzustellen. Fangen wir gerade deswegen jetzt damit an!

Am Ende kann es aber nur besser werden und das wird uns weißen Mitteleuropäer*innen schon so lange vorgelebt, wie wir auf ein Schiff steigen und unsere Weltsicht der eigenen Überlegenheit missionarisch in die ganze weite so schöne Welt exportiert haben, zusammen mit Krankheiten und Waffen und der Gier nach mehr von allem.

Viele Indigene Menschen leben heute noch so, wie sie lange gelebt haben, solange sie nicht daran gehindert werden. Sie nehmen nur so viel wie sie brauchen, bedanken sich für das, was sie nehmen, sind dankbar für Sonne, Wind, Nahrung und das Wasser, welches alles lebendig macht. Alles ist heilig, ob Pflanze, Wetter oder verrichtete Arbeit.

Das Buch „Geflochtenes Süßgras“ von Robin Wall Kimmerer will ich lesen, um diesem Geist wieder näher zu kommen. Ich bin so verstrickt in die aktuellen Kriege, das Leid, was daraus hervorquillt. Es tut mir persönlich gut, zu lesen, dass wir wählen können, welchen Weg wir gehen; den des Todes oder den der vom frischen, lebendigen Grün. Deswegen schreibe ich und deswegen lese ich anderen vor, was ich schreibe. Ich will den Menschen in meinen Umkreisen diese Wahl aufzeigen.

Es ist vermessen, aber in meinem Kopf gibt es eine Überzeugung. Viele Menschen in den Psychiatrien von Europa wären früher in keltischen, gälischen, germanischen Stämmen Heiler*innen gewesen, aufgrund ihrer Sensibilität und ihrer Sensitivität. Die Stimme, die ich höre in meinem Kopf zum Beispiel, ist mir Geleit, Trost und Schutz. Das, was für indigene Menschen auf Turtle Island gängig und normal war und vielleicht auch für meine Ahnen, wurde im christianisierten Europa zum Defizit und Auschlusskriterium für die Teilhabe an der Gesellschaft. Stimmen hören, Zustände der Entrückung, Ahnungen und Eingebungen. Auch in linken Kreisen ist materialistisches Denken die Norm, Spiritualität suspekt und die Leiden Psychiatrie-Erfahrener werden nicht weiter thematisiert. Auch wenn wir durch die Exekutive getötet werden, gibt es keinen großen Aufschrei. Warum?

Das alles sind komplexe Vorgänge, die nebeneinander zu stehen scheinen, ohne dass sie viel miteinander zu tun haben. Der rote Faden heißt Patriarchat. Die bestehende Ordnung wird durch die Wahl eines Präsidenten in den USA abgesichert, auch durch die „Rape Culture“, die der Fall Gisèle Peticot offenlegt. Heute am 25.11.24, dem „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen*“ wird erzählt von den Femiziden, die dieses Jahr von (Ex)-Partnern und Bekannten der Frauen* begangen wurden. Es heißt Femizid und nicht Beziehungsdrama. Es heißt Struktur und nicht Einzelfall. Und diese drastische Gewalt ist nur die Spitze des Eisberges. Das Private ist Politisch, seit es Privatbesitz gibt und der Mann seine Frau zu einem solchem degradieren konnte.

Die Mär vom starken Jäger und der stummen Sammlerin ist wissenschaftlich widerlegt. Die Jungsteinzeit war egalitär und nur die Archäologen des 19. und 20. Jahrhunderts haben ihr Weltbild wie eine Schablone über das gelegt, was sie vorfanden.

Es wird Zeit die Geschichte neu zu schreiben und auch damit allen eine freie und schöne Zukunft zu ermöglichen, gleichberechtigt, selbstbestimmt und friedvoll. Denn es gab die friedvolle Zeit, lange bevor es Könige gab, die eine Stadt verteidigen sollten. Ich hoffe, darauf diese Goldenen Zeiten wieder zu erleben auf dieser unserer Erde. Nur so haben wir als Menschheit eine Zukunft.

Johanna nion Blau 25.11.2024

Leseempfehlungen:
Riane Eisler: Kelch und Schwert (Chalice and Blade)

Robin Wall Kimmerer: Geflochtenes Süßgras (Braiding Sweetgrass)

bell hooks: alles über liebe – Neue Sichtweisen (all about love)

Unlearn Patriarchy 1 und 2

JJ Bola: Sei kein Mann (Mask off – Masculinity Redefined)

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